Update: Der Kampf um den Senat

Nach dem Tod von Ruth Bader Ginsburg zeigt sich erneut, wie wichtig die Bedeutung des U.S. Senats für die Politik in den USA ist. Richter, Minister und viele andere wichtige Personalien müssen von ihm bestätigt werden. Diese können einen immensen Einfluss auf die Richtung des Landes für viele Jahre ausüben.

Neben der Präsidentschaftswahl ist die Wahl um den Senat deshalb die zweitwichtigste. Im Vergleich zu dem Feature zur Senatswahl in Juni hat sich die politische Lage etwas verändert. In 3 Staaten, die im Juni noch zu den entscheidenden 10 gehörten, haben sich die Umfragen mittlerweile so stabilisiert, dass sich ein wahrscheinlicher Gewinner abzeichnet: In Alabama werden die Republikaner vermutlich den Sitz von den Demokraten erobern können, in Colorado können die Demokraten den Republikanern voraussichtlich den Sitz abluchsen und in New Hampshire ist Senatorin Jeanne Shaheen in den Umfragen so deutlich davongezogen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch die nächste Senatorin sein dürfte.

Die Machtverhältnisse haben sich also auf andere Staaten verlagert. Die Mehrheit dürfte vermutlich in diesen 10 Staaten entschieden werden: Alaska, Arizona, Georgia, Georgia-special, Iowa, Maine, Michigan, Montana, North Carolina und South Carolina.

Alaska

Alaska ist ein sehr spezieller Staat. Hier passieren immer wieder verrückte Dinge. Lisa Murkowski wurde 2010 als Senatorin wiedergewählt, obwohl sie die Republikanische Vorwahl verloren hatte, weil genügend Leute ihren Namen auf den Stimmzettel geschrieben haben. Sarah Palin wurde aus dem Nichts Gouverneurin und immer wieder schaffen es unabhängige Kandidaten Wahlen zu gewinnen. Obwohl die Republikaner die politische Landschaft dominieren, seitdem Alaska in die U.S. Staatengemeinschaft aufgenommen wurde, spielt hier die Bindung an die klassischen Parteien oder Identitätspolitik keine große Rolle. Viel wichtiger sind Themen wie Energie, Schürfrechte für Gold, Öl und andere Rohstoffe, Fischerei, Steuern, aber auch Klima- und Umweltschutz. Das spielt eigentlich eher den Republikanern in die Karten. Eigentlich, denn es gibt immer wieder interessante Ausnahmen: Ralph Nader hat 2000 für die Grünen mit 10,1% in Alaska sein bestes Ergebnis erzielt und 2008 konnte der Demokrat Mark Begich knapp einen Senatssitz gegen den korrupten Republikaner Ted Stevens erobern, den er 2014 wieder (sehr knapp) verloren hat.

Amtsinhaber Dan Sullivan

Dan Sullivan ist der Republikaner, der 2014 mit 48% gegen Mark Begich in den Senat gewählt worden. Er ist ein Veteran und Jurist, der kurzzeitig für die Regierung von George W. Bush gearbeitet hat. Sullivan gehört klar zu dem konservativen Teil der Republikaner: Er ist Klimawandel-Leugner, tritt für die Ausweitung von Schürfrechten ein und ist ein Liebling der Waffenlobby. Gerade mit seinen Positionen in der Umweltpolitik könnte er aber den Bogen überspannt haben. Ein wichtiges Wahlkampfthema ist die Pebble Mine – ein Projekt, das massive, negative Auswirkungen auf die Flora und Fauna hat und von Sullivan unterstützt wurde. Sullivan hatte das Projekt anfangs unterstützt und ist dann zurückgerudert, als die große Mehrheit der Bevölkerung von Alaska sich gegen die Position gewandt hat

Herausforderer Al Gross

Strenggenommen ist Al Gross gar kein Demokrat, er ist parteilos. In Alaska ist die Demokratische Vorwahl auch für unabhängige Kandidaten geöffnet. Gross ist Fischer und hat ein abgeschlossenes Medizinstudium. Als Arzt hat er neben seiner Arbeit in einer Klinik ehrenamtlich in Kambodscha Freiwillige ausgebildet. Obwohl der Name Gross in der Politik von Alaska kein unbekannter ist (sein Vater war Justizminister), gilt Al Gross als politischer Quereinsteiger. 2017 machte er sich mit zwei erfolgreichen Bürgerbegehren einen Namen, mit denen er wichtige Kernpunkte der Obama-Gesundheitsreform in Landesrecht gießen konnte. Neben Gesundheitspolitik ist sein zweiter Schwerpunkt Umwelt- und Klimaschutz, insbesondere lehnt er die Pebble Mine ab. Er ist ein starker Kandidat, der die nötige Street Credibility mitbringt, die man in Alaska braucht.

My Two Cents

Die Umfragen deuten ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit leichten Vorteilen für Amtsinhaber Sullivan an. Entscheidend dürfte auch der Ausgang der Präsidentschaftswahl im Last Frontier State sein. Verliert Joe Biden nur knapp, dürfte Al Gross eine echte Chance haben. Aktuell neigt Alaska aber weiterhin zu den Republikanern und Sullivan.

Arizona

Der Südwesten ist politisch im Wandel. Einst waren New Mexico, Colorado, Nevada und Arizona Staaten mit eher republikanischer Prägung. Arizona brachte große Republikanische Senatoren wie Barry Goldwater und John McCain hervor und war lange Zeit ein konservativer Staat. Vor allem durch die wachsende Latino-Bevölkerung, die eher den Demokraten nahesteht, sind diese Staaten nach und nach gekippt. Zuerst New Mexico, dann Colorado und Nevada und schließlich Arizona. Dass das im Grand Canyon State länger gedauert hat als anderswo liegt auch an der zunehmenden Anzahl von Mormonen, die eher konservativer wählen und die Latinos ausgleichen. Zudem ging es eine große Zahl Veteranen im Staat, die traditionell den Republikanern nahesteht. Das macht Arizona zu einem der interessantesten Battleground States für diese Wahl.

Amtsinhaber Martha McSally

Die Republikanerin Marthy McSally ist keine gewählte Senatorin, sie wurde 2019 vom Gouverneur ernannt. Auf den ersten Blick erscheint McSally ein ziemlich guter Match für den Südweststaat. Die Air-Force-Veteranin gilt als Main Street Republikanerin und dürfte von ihren Positionen mit vielen Wählern in Arizona übereinstimmen. Allerdings wirkt sie im Wahlkampf eher hölzern und unnahbar und hat 2018 bereits eine Senatswahl gegen die offen bisexuelle Demokratin Kyrsten Sinema verloren. Daran ändern auch die häufigen Bilder von ihrem Golden Retriever Boomer nichts, den sie häufig zu Wahlkampf-Terminen und Spots mitnimmt. In die Kritik geriet sie zudem, als sie Trumps Corona-Management gelobt und den Demokraten Panikmache vorgeworfen hat.

Herausforderer Mark Kelly

Der Ehemann der ehemaligen Kongressabgeordneten Gabrielle Giffords ist der demokratische Kandidat für die Wahl. Mark Kelly hat einen grandiosen Lebenslauf, als ehemaliger Astronaut und Kriegsheld aus dem Golf Krieg dürfte er die demokratische Basis um viele Veteranen erweitern. Politisch hat er sich insbesondere auf Gesundheitspolitik und Waffenkontrolle konzentriert – eine Folge aus der Schießerei in Tucson 2011 bei der seine Frau schwer verletzt wurde. Obwohl er selber mehrere Schusswaffen besitzt, tritt er entschieden für schärfere Waffengesetze ein. Neben seinem militärischen Rekord hat sich Kelly bereits als hervorragender Fundraiser erwiesen und deutlich mehr Spenden eingenommen als seine republikanische Mitbewerberin. Kelly hat eine tolle Geschichte und einen hervorragenden Zugang zu Talkshows und anderen Medien. Gewinnt er deutlich, dürfte er bald für höheres gehandelt werden, vielleicht sogar als Präsidentschaftskandidat für 2024. Definitiv ein Rising Star 2020.

My Two Cents

Demokrat Mark Kelly führt in den meisten Umfragen zum Teil sehr deutlich mit über 10 Punkten. Er ist ein guter Wahlkämpfer und hat volle Rückendeckung von seiner Partei, keinerlei Skandale an der Backe sowie großen Zugang zu vielen Medien. Die Demokraten haben in Arizona mehr als nur eine Nase vorn. Die Chancen sind gut, dass sie erstmals seit 1952 beide Senatoren aus Arizona stellen.

Georgia

Georgia ist politisch wahrscheinlich einer der interessantesten Staaten der kommenden Jahre. Der Peach State verfügt über ein deutliches Bevölkerungswachstum – vor allem bei den gesellschaftlichen Minderheiten. Nur noch knapp 60 Prozent der Bevölkerung sind weiß, die Mehrheit davon gut gebildet. Wie in Alabama sind die Weißen aber sehr evangelikal geprägt, was den Republikanern in der Vergangenheit trotz 30 Prozent schwarzer und 10 Prozent Latino-Bevölkerung relativ solide Wahlsiege beschert hatte. Im Gegenzug zu Alabama ist Georgia, und vor allem Atlanta, so etwas wie die Hauptstadt der Bürgerrechtsbewegung. Die schwarze Bevölkerung ist deshalb seit jeher sehr politisiert, was dazu geführt hat, dass die Demokratin Stacy Abrams die letzte Gouverneurswahl 2018 nur sehr knapp verloren hat. Seitdem hat Georgia insbesondere unter den Folgen des Corona-Virus gelitten. In kaum einem anderen U.S. Bundesstaat war der wirtschaftliche Einbruch so groß. Das lastet Bevölkerung hauptsächlich dem Gouverneur und dem Präsidenten an – beide sind Republikaner. In Georgia haben bereits 2,5 Millionen Wähler ihre Stimme per Brief oder frühzeitig in der Wahlkabine abgegeben – das deutet auf eine hohe Wahlbeteiligung hin, die tendenziell eher den Demokraten nützt. Dagegen dürfte der Peach State einer der wenigen Staaten sein, in denen der Tod von Ruth Bader Ginsburg den Republikanern wirklich in die Karten spielt. Schaffen sie es mit einem konservativ-dominierten Supreme Court das Recht auf Abtreibung zu kippen, dürfte Georgias evangelikale Basis in Jubelstürme ausbrechen.

Amtsinhaber David Perdue

Der Amtsinhaber David Perdue ist seit einer Periode im Senat. Dort hat er sich bisher nicht besonders profiliert, verfügt aber dennoch über gute Zustimmungswerte. 2014 wurde er mit einer Trump-ähnlichen Kampagne gewählt, in der er sich als Außenseiter und erfolgreicher Geschäftsmann dargestellt hat, der das politische System von außen auf Vordermann bringen will. Er hat sich zu einem der engsten Anhänger von Präsident Trump entwickelt und unterstützt einen Großteil seiner Positionen. Dieses Image bekam erste Kratzer, als er bekanntgeben musste, dass er während der Corona-Krise viel Geld am Aktienmarkt verloren hat. Im Wahlkampf ist er bisher nicht sonderlich durch Themen, sondern eher durch antisemtisch-angehauchte Negativ-Werbung gegen Herausforderer Ossoff aufgefallen. Zudem wirft er den Demokraten pausenlos eine angeblich „sozialistische Agenda“ vor.

Herausforderer Jon Ossoff

Der erst 33-jährige Jon Ossoff hat die demokratische Vorwahl, trotz starker Gegner, klar für sich entschieden. Vor 3-Jahren hatte er sich bereits bei einer Nachwahl für den Kongress einen Namen gemacht. Ossoff ist ein charismatischer, junger Politiker mit moderaten Positionen bei der Sicherheits- und Wirtschaftspolitik und progressiveren in der Gesellschafts- und Sozialpolitik. Damit dürfte er sowohl für die demokratische Basis, als auch für unabhängige Wähler interessant sein. Als Investigativ-Journalist profiliert er sich als Aufklärer und Kämpfer für Gerechtigkeit. Daneben hat er für Georgia legendären Kongressabgeordneten John Lewis gearbeitet und dadurch einen hervorragenden Draht zur afro-amerikanischen Basis in Georgia. Zuletzt hat Ossoff gemeinsam mit seiner Frau, einer Ärztin, die Republikaner wegen ihres Missmanagements der Corona-Pandemie attackiert. Ossoff ist ein hervorragender Wahlkämpfer und Fundraiser und wurde zuletzt von Ex-Präsident Obama im Wahlkampf unterstützt.

My Two Cents

Die Hymne von Georgia lautet “Georgia on My Mind” – im November sollte man das beherzigen, denn in dem Südstaat werden viele wichtige Entscheidungen fallen: 16 Wahlmännerstimmen und 2 Senatssitze sind zu vergeben. In den Umfragen liegen Perdue und Ossoff Kopf-an-Kopf. Sollte Biden in Georgia gewinnen, dürfte Ossoff ganz gute Chancen haben, auch bei der Senatswahl vorne zu liegen. Eine Besonderheit im Peach State ist, dass eine Stichwahl stattfindet, wenn keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen kann. Sollte der Gewinner am 3. November noch nicht feststehen, dürfte das eher den Republikanern nützen, da die Demokraten ihre Basis bei Special Elections oft schwerer mobilisieren können.

Georgia-special

Die Nachwahl in Georgia ist nötig, weil Senator Johnny Isakson im Dezember 2019 aufgrund seiner Parkinson-Erkrankung zurückgetreten ist. Als seine Nachfolgerin wurde die Republikanerin Kelly Loeffler ernannt. Die Nachwahl in Georgia findet als sogenannte Jungle Primary statt, also eine Wahl an der von jeder Partei beliebig viele Kandidaten antreten können. Gewinnt kein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen findet eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten statt. Als Frontrunner haben sich bisher Senatorin Loeffler für die Republikaner und Raphael Warnock für die Demokraten etabliert.

Amtsinhaberin Kelly Loeffler

Die Katholikin Kelly Loffler ist erst seit Januar im Senat und ist seitdem kaum aufgefallen. Ihr politischer Schwerpunkt liegt in der Finanzpolitik. Vor ihrer Ernennung zur Senatorin hat sie keine politischen Ämter bekleidet, sondern war hauptsächlich in der Wirtschaft tätig. Außerdem ist sie Miteigentümerin des Basketball-Teams Atlanta Dream. Politisch hat sie bisher nur als Großspenderin auf sich aufmerksam gemacht. Der Großteil ihrer Spenden ging dabei an die Republikaner, einige Dollar flossen aber auch an Demokraten. Obwohl sie sich selbst als konservative Republikanerin beschreibt und bisher nie von der Parteilinie abgewichen ist, nehmen die innerparteilichen Gegner diese Spenden zum Anlass Loeffler damit pausenlos zu attackieren. Zudem hat sie aktuell mit Vorwürfen des Insiderhandels zu kämpfen. Im Wahlkampf schlägt sie bisher vor allem gesellschaftspolitisch konservative Töne an. So ist sie eine harte Kritikerin der BLM-Bewegung.

Herausforderer Raphael Warnock

Der schwarze Demokrat Raphael Warnock dürfte gute Chancen die erste Runde zu gewinnen. Er bringt vieles mit, was bei einer breiten Wählerschaft in Georgia gut ankommt. Er ist Pastor und Mitglied der evangelikalen Southern Baptist Convention, veranstaltet regelmäßig Gebetskreise und sprach das Gebet bei Obamas zweiter Amtseinführung im Januar 2013. Im Wahlkampf zeigt er sich zwischen Kirchenbänken und attackiert Senatorin Loeffler für ihre Haltung zur BLM-Bewegung, was ihm in Georgia viel Unterstützung einbringt. Das Demokratische Establishment versammelt sich um ihn. So hat ihn zuletzt Ex-Präsident Obama und Georgias berühmtester Sohn Jimmy Carter im Wahlkampf unterstützt.

My Two Cents

Das Rennen in dieser Nachwahl ist völlig offen. Da es fast sicher eine Stichwahl geben wird, wird der Gewinner am 3. November noch nicht feststehen. In einer Stichwahl dürften die Republikaner leichter Favorit sein, da es den Demokraten erfahrungsgemäß schwerer fällt, ihre Basis zu mobilisieren.

Iowa

The Song of Iowa basiert auf der Melodie von „O Tannenbaum“. Wenn man an den Staat in den Heartlands denkt, dann kommt aber eher Mais in den Sinn als Tannbäume. Die Landwirtschaft ist auch das beherrschende Thema im Hawkeye Staat. Über 90 Prozent der Bevölkerung ist weiß und mehrheitlich protestantisch, allerdings nicht ganz so konservativ wie in den Südstaaten. Abgesehen von der Hauptstadt Des Moines ist Iowa von Mittel- und Kleinstädten geprägt. Über 50 Prozent der Einwohner sind Weiße ohne College-Abschluss, die Gruppe von Menschen, die Präsident Donald Trump am engsten die Treue hält. Der Präsident konnte Iowa 2016 mit 10-Punkten Vorsprung für sich gewinnen. Seitdem ist aber einiges passiert: Trumps Handelskriege mit China haben einige Farmer verschreckt, die nach neuen Absatzmärkten suchen. Das hat in der Bevölkerung zu einem Meinungsumschwung geführt – die Demokraten konnten 2018 drei der vier Sitze bei der Kongresswahl gewinnen. Die Politik in Iowa ist extrem polarisiert. Der extrem konservativen republikanischen Basis steht eine sehr liberale demokratische Partei gegenüber. Diese Wahl könnte als zweitteuerste in die Geschichte eingehen (nach der in North Carolina).

Amtsinhaberin Joni Ernst

Bei der Wahl 2014 hat Joni Ernst mit einem Werbespot auf sich aufmerksam gemacht, indem sie beschrieben hat, wie sie als Jugendliche auf der Farm ihrer Eltern Schweine kastriert hat. Damit hat sie Punkte gemacht: Als Farmerstochter, Kriegsveteranin und lebenslanges Mitglied der NRA passt Joni Ernst gut in den Mittleren Westen. Sie hat ordentliche Zustimmungswerte und Positionen die der konservativen republikanischen Basis gut gefallen dürften. Trotzdem hat sie im Senat immer wieder bei überparteilichen Vorhaben mitgemacht, sodass sie auch für unabhängige Wähler ein halbwegs glaubwürdiges Angebot darstellt. In ihrer aktuellen Kampagne kritisiert sie vor allem den von den Demokraten vorangetriebenen Green New Deal als angeblich schädlich für die Landwirtschaft. Dafür und für ihre Nähe zu Donald Trump wird sie hart von Umweltorganisationen und dem Lincoln Project kritisiert.

Herausforderin Theresa Greenfield

Theresa Greenfield ist ebenfalls eine Farmerstochter, die einen ähnlichen Kampagnenansatz wagt, wie ihre Gegnerin Ernst bei ihrer ersten Wahl. Ihr Werbespot zeigt sie in Gummistiefel beim Ausmisten von Ställen oder beim Arbeiten auf den Feldern. Anders als die Senatorin, macht sie sich stark für kleine Unternehmen, Gesundheitsfürsorge und soziale Belange. Alles Themen, die bei der weißen Arbeiterschicht gut ankommen dürften. Sie hat sich als gute Fundraiserin erwiesen und im September über 40 Millionen an Spenden eingenommen. Zudem hat sie eine gute Performance bei der Debatte abgeliefert, bei der Senatorin Ernst vor allem wegen ihrer Corona-Politik in die Defensive geraten ist.

My Two Cents

Ein offenes Rennen, das vor allem über die Wahlbeteiligung entschieden werden dürfte. Nachdem die Umfragen Joni Ernst zunächst leicht vorne gesehen hatten, hat ihre Herausforderin stark aufgeholt und die Führung übernommen. Wenn Biden Iowa gewinnt, dürfte auch Theresa Greenfield die neue Senatorin von Iowa werden.

Maine

„As Maine goes, so goes the nation“ war jahrelang eine Beschreibung dafür, welch wichtiger Indikator der Staat im Nordosten für die Präsidentschaftswahlen lange Zeit war. Das hat sich in den 90er und 2000er Jahren verändert. Aus einem ehemaligen Swing State wurde eine relativ verlässliche Bank für die Demokraten – zumindest bei Präsidentschaftswahlen, ehe Donald Trump wieder Boden gut machen konnte und eine der vier Wahlmännerstimmen eroberte. Das hat verschiedene Gründe: Ähnlich wie in Iowa oder Alaska hat Maine einen hohen Anteil Bevölkerung aus der weißen Arbeiterschicht, die hauptsächlich in Klein- und Mittelstädten lebt. Wichtige Wirtschaftszweige sind vor allem Fischerei, Holzwirtschaft und Schiffsbau. Zudem hat Maine traditionell einen sehr hohen Anteil an unabhängigen Wählern. Seit dem Ende des 2. Weltkrieg gab es drei unabhängige Gouverneure und mit Angus King einen unabhängigen Senator. Das macht die Politik in Maine etwas unberechenbar, führt aber dazu, dass moderate Kandidatin in der Regel gute Chancen haben. Religion spielt im Pine Tree State keine große Rolle.

Amtsinhaberin Susan Collins

Die republikanische Senatorin Susan Collins stammt aus Caribou, ganz im Nordosten des Staats. Sie ist seit 1996 im Senat. Neben ihrer langjährigen Kollegin Olympia Snowe hat sie sich dort als eine der moderatesten Senatoren etabliert. Sie ist pro-choice, unterstützt die Ehe für alle und macht sich für erneuerbare Energien stark. Bei Sicherheits- und Wirtschaftspolitik vertritt sie eher konservativere Positionen. Damit ist sie bisher gut gefahren und hat die Republikaner und die Unabhängigen hinter sich gebracht. 2014 wurde sie dem Traumergebnis von 68,5 Prozent wiedergewählt. Seitdem ist sie etwas nach rechts gerückt und hat unter anderem für die Berufung von Brett Kavanaugh an den Supreme Court gestimmt. Sie dürfte es dieses Mal wesentlich schwerer haben, ihre Zustimmungswerte sind seitdem deutlich gesunken. Die Demokraten haben ihre Angriffslinie schon gefunden: „She talks like a moderate and votes like a conservative.“ Hinzu kommt die Besetzung der Nachfolge von Ruth Bader Ginsburg. Für Susan Collins eine schwierige politische Gratwanderung, da sie – egal wie sie sich entscheidet – einen Teil ihrer Basis verärgern dürfte. Collins kämpft um ihr politisches Überleben.

Herausforderin Sara Gideon

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses von Maine, Sara Gideon, ist die demokratische Herausforderin von Senatorin Collins. Sie präsentiert sich als junge, anpackende Mutter, die auf staatspolitischer Ebene einige Erfolge vorzuweisen hat. Vor allem verweist die dabei auf ihre Zusammenarbeit mit den Republikanern. Das und die Nachfolge am Supreme Court dürfte bei der Wahl eine große Rolle spielen. Gideon hat die Unterstützung des Partei-Establishments und hat sich bereits als gute Fundraserin erwiesen. Neben der Unterstützung von Ex-Präsident Obama geben sich die Top-Demokraten in Maine die Tür in die Hand, um Gideon bei ihrem „Supper with Sara“ zu unterstützen. Inhaltlich setzt die demokratische Herausforderin vor allem auf Gesundheitspolitik und will eine neue Umweltsteuer einführen, um den Klimawandel zu bekämpfen. Gerade für letzteres wird sie von den Republikanern hart kritisiert.

My Two Cents

Aus „as Maine goes, so goes the Nation“, könnte „as Maine goes, so goes the Senate“ werden, denn hier könnte sich entscheiden, wer die Mehrheit im Oberhaus für sich holt. Die Umfragen zeigen einen knappen aber konstanten Vorsprung für die Herausforderin Sara Gideon. Nach Arizona haben die Demokraten hier die beste Chance den Republikanern einen Sitz abzujagen.

Michigan

Über Michigan kann man viele Geschichten erzählen: Der Auto-Staat, der Staat der Großen Seen, das Herz des Rust Belt. Michigan ist industriell in den Städten und landwirtschaftlich in den ländlichen Räumen geprägt. Im Vergleich zur restlichen USA hat Michigan eine schrumpfende Bevölkerung. Die „alten Industrien“ dominieren lange Zeit den Great Lakes Staat. Durch ihren Niedergang hat der Staat Bevölkerung und gut bezahlte Arbeitsplätze verloren. Viele Städte wie Flint in Michigan haben den Strukturwandel nicht geschafft und darben vor sich hin. Seit 1960 hat Flint die Hälfte seiner Bewohner verloren. Seit 1992 haben die großen Städte die Demokraten in diesen Staaten über Wasser gehalten. Ein Großteil der Industriearbeiter hat auf die sozial- und wirtschaftspolitischen Forderungen der Demokraten vertraut und ihnen deshalb die Stimme gegeben. Das hat sich erst 2016 geändert, als Donald Trump Michigan knapp für sich entscheiden konnte. Abgesehen davon hat der Staat an den Großen Seen nach wie vor eine relativ verlässliche demokratische Basis. Mitentscheidend dürften auch die Auswirkungen des Corona-Virus sein, die in Michigan ebenfalls erheblich sind. Anders als in Georgia wird die demokratischen Gouverneurin Gretchen Whitmer aber mehrheitlich für ihr Krisenmanagement gelobt.

Amtsinhaber Gary Peters

Senator Peters ist seit einer Periode im Senat und wurde 2014 mit einem 13-Punkte-Vorsprung gewählt. Seitdem hat er ganz gute Zustimmungswerte, ist aber im Senat eher ein Hinterbänkler. Peters gehört zu den moderateren Demokraten, war bei der Navy und ist Waffenbesitzer. Wenn er politisch in Erscheinung getreten ist, hauptsächlich durch Außenpolitik oder Unterstützung für die Streitkräfte. Hier vertritt er eher moderate Positionen und arbeitet auch mit republikanischen Senatoren zusammen.

Herausforderer John James

Die Republikaner schicken, wie auch schon 2018, den schwarzen Geschäftsmann John James ins Rennen. James vertritt klassisch republikanische Positionen und sucht bewusst die Nähe zu Präsident Trump. Er ist ein guter Wahlkämpfer und hat damit Debbie Stabenow bei der Wahl 2018 etwas ins Schwitzen gebracht. Am Ende hat er mit 6 Punkten verloren.

My Two Cents

Auch wenn Trump Michigan 2016 gewonnen hat, gegen Joe Biden dürfte es viel schwerer werden, den Great Lakes State erneut zu holen. Das Präsidentschaftsrennen dürfte auch Auswirkungen auf die Senatswahl haben. Am Ende bleibt Gary Peters deshalb der klare Favorit und hat gute Chancen auf die Wiederwahl. Umfragen sehen ihn konstant vorne.

Montana

Donald Trump hat Montana 2016 mit 24-Punkten gewonnen. Das sollte eigentlich ein Todesurteil für jeden Demokraten sein, der in einem Präsidentschaftswahljahr im Treasure State kandidiert. In Montana ticken die Uhren allerdings anders. Der Staat besticht nicht nur durch seine zahlreichen Nationalparks, sondern auch durch interessante politische Konstellationen. Bei Präsidentschaftswahlen ist Montana eigentlich fest in republikanischer Hand, bei anderen Wahlen haben die Demokraten aber immer ein Wort mitzureden. So haben sie 20 der letzten 24 Senatswahlen gewonnen und stellen auch den Gouverneur. Demografisch setzt sich der Staat am Rande der Rocky Mountains ähnlich zusammen, wie Iowa oder Alaska.

Amtsinhaber Steve Daines

Steve Daines hat die Wahl 2014 deutlich für sich gewonnen und gehört seitdem im Senat zu den konservativen Republikanern. Er vertritt klar wirtschaftsliberale und gesellschaftspolitisch konservative Positionen und leugnet den menschengemachten Klimawandel. Dabei hat er gute Zustimmungswerte und präsentiert sich als Outdoor Kandidat, der Sport treibt und regelmäßig auf die Jagd geht. All das kommt in Montana gut an, sein erster Wahlsieg war allerdings in einem für die Republikaner einfacheren Jahr als 2020. Hilfreich dürfte auch seine gute Performance bei der Debatte der beiden Senatskandidaten gewesen sein.

Herausforderer Steve Bullock

Der Herausforderer von Steve Daines ist niemand geringeres als der beliebte, amtierende Gouverneur von Montana, Steve Bullock. Bullock ist einer der beliebtesten Gouverneure in den USA und sein „Wahlkampf“ besteht hauptsächlich in der Bekämpfung der Corona-Krise. Dabei erhält er hohe Zustimmung der Bevölkerung. Bullock wird als moderater Liberaler beschrieben mit starken Wurzeln in Montana. Er hat einen Clean Energy Plan für Montana entwickelt, unterstützt aber weiterhin die Kohleförderung, die in Montana ein wichtiger Wirtschaftszweig ist. Zudem kann er mit guten Wirtschaftszahlen aufwarten. Unter seiner Regierungszeit entwickelte sich Montana zu dem Staat mit der geringsten Arbeitslosigkeit. Bullock wird stark vom Lincoln Project unterstützt.

My Two Cents

Durch die Kandidatur von Steve Bullock ist der sicher geglaubte Sieg der Republikaner ernsthaft in Gefahr geraten. Der populäre Gouverneur dürfte den amtierenden Senator ernsthaft ins Schwitzen bringen – die Umfragen sind sehr knapp. Bullock dürfte insbesondere dann gute Chancen haben, wenn das Präsidentschaftsrennen sehr knapp wird. Sicher ist nur: der nächste Senator aus Montana wird Steve heißen.

North Carolina

Politisch ähnelt die Situation in North Carolina der in Georgia sehr. Beide Staaten verfügen über ein deutliches Bevölkerungswachstum – vor allem bei den gesellschaftlichen Minderheiten. Nur noch knapp 70 Prozent der Bevölkerung sind weiß. Dem stehen 20 Prozent schwarze Bevölkerung gegenüber, die eine verlässliche Basis für die Demokraten bilden. Anders als in Georgia oder Alabama ist der Anteil der evangelikalen Christen mit 35 Prozent allerdings deutlich geringer. Gesellschaftspolitische Fragen spielen in North Carolina deshalb keine so große Rolle wie im tiefen Süden. Das führt dazu, dass die Demokraten im Tar Heel Staat in den letzten Jahren so manchen Wahlsieg erringen konnten. Barack Obama gewann North Carolina 2008 und der aktuelle Gouverneur ist ebenfalls Demokrat. Bei den letzten beiden Präsidentschaftswahlen konnten die Republikaner nur ganz knapp gewinnen.

Amtsinhaber Thom Tillis

Der Amtsinhaber Thom Tillis wurde 2014 mit der republikanischen Welle ganz knapp in den Senat gespült. Während der Senator Präsident Trump anfangs noch kritisch gegenüber stand, hat er sich im Laufe der Zeit zu einem verlässlichen Unterstützer entwickelt. Er vertritt klassisch konservative Positionen, ist im Senat aber eher ein Hinterbänkler. Tillis gehört zu den unbeliebteren Senatoren und dürfte mir der verändernden Demographie seines Staates eher Probleme bekommen. Zuletzt hat er versucht, sich der progressiver werdenden Wählerschaft in North Carolina etwas zu öffnen, so akzeptiert er mittlerweile den wissenschaftlichen Konsens, dass der Klimawandel menschengemacht sei, und vertritt auch in der Migrationspolitik mittlerweile moderatere Positionen. Tillis wurde positiv auf das Coronavirus getestet und musste seinen Wahlkampf unterbrechen – das dürfte ihm schaden.

Herausforderer Cal Cunningham

Der U.S. Army Veteran Cal Cunningham ist der demokratische Kandidat für North Carolina. Cunningham gilt als eher moderater Demokrat mit progressiven Positionen in der Gesellschafts- und Umweltpolitik. Seine Wahlkampfstärke hat er in einer schwierigen demokratischen Vorwahl unter Beweis gestellt und die Kandidatin vom linken Flügel der Demokraten, Erica Smith, klar geschlagen. Cunningham hat die Unterstützung des kompletten Partei-Establishments verfügt über massive Finanzspritzen. Zuletzt geriet er wegen eines Sex-Skandals in die Schlagzeilen und damit in die Defensive. Er könnte dennoch mit einem blauen Auge davon kommen, da diese Nachricht von Präsident Trumps Corona-Erkrankung überlagert wurde und dadurch etwas in den Hintergrund geriet.

My Two Cents

Diese Wahl wird vermutlich als bis dato teuerste Senatswahl in die Geschichte eingehen. Cunningham führt trotz seines Sex-Skandals knapp aber konstant, meist liegt er sogar etwas besser als Biden in den Umfragen. Nützen dürfte ihm auch die bereits abgegeben Stimmen im Early-Voting, hier haben die Demokraten einen deutlichen Vorteil. In North Carolina wird wahrscheinlich die Mehrheit des Senats entschieden. Cunningham ist leichter Favorit.

South Carolina

Dass eine Wahl in South Carolina knapp und für die Mehrheit entscheidend werden würde, sagt viel über die aktuelle politische Lage oder über den Amtsinhaber aus. In diesem Fall ist es wohl eine Kombination aus beidem, denn eigentlich ist South Carolina eine sichere Bank für die Republikaner. Die evangelikale weiße Arbeiterschicht dominiert den Staat demographisch, was dazu führt, dass die Demokraten in diesem Jahrtausend noch überhaupt keine wichtig Wahl im Palmetto State gewonnen haben. Allerdings gab es immer wieder Achtungserfolge: Bei der Präsidentschaftswahl 2008 oder bei der Gouverneurswahl 2010 haben sie sich ordentlich geschlagen und verhältnismäßig knapp verloren.

Amtsinhaber Lindsey Graham

Lindsey Graham gehört zu den schillerndsten Figuren im U.S. Senat. Als Vorsitzender des wichtigen Justizausschusses, der unter anderem für die Bestätigung von Richtern am Supreme Court zuständig ist, ist er auch einer der mächtigsten Republikaner.  Graham ist seit 2003 im Senat und immer mit deutlicher Mehrheit gewählt wurden. Lange Zeit galt er als eher moderater Republikaner und einer der engsten Freunde des verstorbenen Senators John McCain. Anfangs galt er als harter Kritiker von Präsident Donald Trump, bei der Präsidentschaftswahl 2016 verweigerte er ihm sogar die Stimme. Nach einem 4-Augen-Gespräch mit Trump 2017 verwandelte er sich zu einem seiner größten Unterstützer. Diese Haltung ist Ziel zahlreicher Attacken und Gerüchte und hat dem Ruf des mächtigen Senators mächtig geschadet. Dass er seitdem zudem in zahlreiche Kontroversen verstrickt war, bringt ihn noch mehr in Bedrängnis.

Herausforderer Jamie Harrison

Der ehemalige Vorsitzende der Demokratischen Partei von South Carolina, Jamie Harrison, ist der Gegner von Lindsey Graham. Als Jurist arbeitete er zunächst für verschiedene NGOs und später als Pharma-Lobbyist. Sein Hauptthema im Wahlkampf ist eine bessere Gesundheitsfürsorge für alle Amerikaner. Ein Thema, dass er sehr emotional voranbringt, nachdem seine Tante an Corona verstorben ist. Als junger schwarzer Demokrat verkörpert er das Gegenteil zu Amtsinhaber Graham und attackiert diesen für seinen Zick-Zack-Kurs zuletzt hart. Harrison ist ein ausgezeichneter Wahlkämpfer und hat im 3. Quartal 57 Millionen U.S. Dollar an Spenden eingenommen – ein Rekord.

My Two Cents

Aktuell führt Herausforderer Harrison in Umfragen knapp von Lindsey Graham. Grahams Zick-Zack-Kurs hat ihm massiv geschadet. Wenn die Wähler in South Carolina ihren Senator dafür abstrafen wollen, hat Herausforderer Harrison gute Chancen. Davon abgesehen ist South Carolina ein sehr konservativer Staat und ein Republikaner dürfte hier grundsätzlich immer Favorit sein.

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