Zwei Jahre ohne Auto in Aalen – ein Erfahrungsbericht

Vor fast zwei Jahren habe ich mein Auto verkauft. Ich bin sehr gerne Auto gefahren und tue es nach wie vor sehr gerne. Im Ländlichen Raum ist das Auto für die Mobilität der Bevölkerung unerlässlich und das emissionsfreie Auto wird auch für die Zukunft unerlässlich sein.

Meine Gründe waren vor allem monetärer Natur. Ich fand es unsinnig, dafür jeden Monat über 200 Euro laufende Kosten zu berappen (Versicherung, Steuer, Parkplatz, Wartung, Wertverlust), um einmal im Monat damit einkaufen oder zum Wertstoffhof zu fahren. Außerdem macht es keinen Sinn, so viel totes Kapital einfach rumstehen zu lassen.

Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es unter diesen Gesichtspunkten die richtige Entscheidung war (wenn vielleicht auch nicht die bequemste). Wenn man in der Innenstadt wohnt, ist zudem das ständige Parkplatzproblem eine sehr nervige Angelegenheit. Für viele Strecken gibt es auch schon günstige und entspannte Alternativen, z.B.:

  • Die Bahn ist gut für weitere Strecken, insbesondere Stuttgart, Nürnberg oder Ulm ist von Aalen gut zu erreichen.
  • Für kleinere Strecken im Stadtgebiet. z.B. zu meinem Zahnarzt nach Unterkochen oder zur Familie nach Fachsenfeld nutze ich die bereits rechts ordentliche Busverbindung.
  • Und meine Reisen haben ich ebenfalls meistens mit der Bahn und hin und wieder mit dem Flugzeug gemacht (auch schon als ich mein Auto noch hatte)

Übrig bleiben für mich also vor allem Strecken, für die es keine Alternativen gibt, z.B. zum Einkaufen von Getränken, zum Wertstoffhof oder zum Besuch von Freunden und Verwandten, die auf dem Land leben. Dafür habe ich bisher das Carsharing genutzt, und hierauf möchte ich meinen Erfahrungsbericht auch fokussieren, denn ich glaube hier kann man noch einiges machen. Es kann auch eine interessante Alternative für diejenigen sein, die nicht so gerne Bus oder Bahn fahren.

Seit 2015 gibt es in Aalen ein E-Car-Sharing, das von den Stadtwerken betrieben wird. Zur Verfügung stehen je 2 eSmarts und 2 VW E-Ups, von denen je ein Paar in der Rathaus-Tiefgarage und eines im Bahnhofsparkhaus steht. Die Vorteile dieses Carsharings sind erstmal vielfältig:

  • Man kann leicht auf die Fahrzeuge zugreifen, z.B. auch mit dem Bahn-Carsharing-Dienst Flinkster, den man als BahnCard-Inhaber kostenlos nutzen kann, so entstehen keine laufenden Kosten und man muss kein Abo abschließen.
  • Das Carsharing ist sehr kostengünstig, eine Stunde mit dem eSmart kostet 3 Euro, eine Stunde mit dem eUp kostet 6 Euro plus ein paar Cent pro gefahrenen Kilometer. So günstig kann man – vor allem bei den aktuellen Benzinpreisen – kein eigenes Auto nutzen.
  • Die Autos sind nach wie vor ganz gut in Schuss, obwohl sie mittlerweile schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Man muss sich nicht um Wartung oder ähnliches kümmern.
  • Die Ökobilanz ist sehr gut.

Trotz all der Vorteile, stoße ich aber auch regelmäßig an Grenzen und merke, dass diese Art von Mobilität nach wie vor ihre Tücken hat und auch nicht immer so bequem ist, wie vielleicht einfach ins eigene Auto zu steigen, das sowieso auf dem Parkplatz vor der Haustür steht.

Ob Carsharing wirklich ein Zukunftsmodell für eine Mittelstadt wie Aalen ist, finde ich schwer einzuschätzen. Hin und wieder habe ich das Gefühl, dass ich der einzige bin, der dieses Angebot nutzt. Ich glaube aber, dass man mit einigen kleineren Verbesserungen vielleicht ein paar Leute mehr dafür begeistern könnte. Meine Vorschläge:

  • Das Bahnhofsparkhaus und die Rathaus-Tiefgarage mit WLAN ausstatten, denn die Fahrzeuge stehen an ungünstigen Plätzen an denen man kaum Empfang hat. Schon oft hatte ich deshalb Probleme die Fahrzeuge mit der Flinkster-App zu öffnen. Wenn man jedes Mal die Hotline anrufen muss, um sein Auto zu öffnen, sorgt das nicht gerade für ein angenehmes Kundenerlebnis und man bucht es vielleicht kein zweites Mal.
  • Die Reichweite verbessern, denn die beiden Fahrzeug-Typen sind für E-Autos schon verhältnismäßig alt und haben nur eine geringe Reichweite von etwas über 100 km. Das ist ausreichend für Fahrten im Stadtgebiet, aber schon im Ostalbkreis wird man damit seine Probleme kriegen, wenn man mal etwas weiter aufs Land rausfahren möchte. Wenn man ein- oder zwei zusätzliche Fahrzeuge mit größerer Reichweite beschafft, könnte man auch hierfür ein Angebot schaffen.
  • Kooperation mit der Hochschule suchen, denn ich könnte mir vorstellen, dass das Angebot für Studierende finanziell ebenfalls interessant sein könnte, aber vielleicht noch nicht bekannt genug ist. Warum richten wir nicht einfach eine Station direkt an der Hochschule ein, um es dort bekannter zu machen? Warum binden wir die Studierenden nicht direkt ein, um zu erfahren, was sie sich vielleicht für Angebote wünschen würden?

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