„ÖPNV neu denken“ – der große Praxischeck

„Ein guter ÖPNV ist uns ein Herzensanliegen – und zwar insbesondere im Ländlichen Raum,“ sind sich die beiden Kreisräte Manuel Reiger (FDP) und Bennet Müller (Bündnis 90/DIE GRÜNEN) einig. Deshalb haben auch beide die große ÖPNV-Reform im Ostalbkreis 2019 grundsätzlich unterstützt.

Der Kreistag des Ostalbkreis hatte am 26.11.2019 beschlossen, den Öffentlichen Personennahverkehr im Kreis neu zu regeln und mit der OstalbMobil GmbH einen Verkehrs-Vollverbund zu schaffen. „Lassen Sie uns den ÖPNV neu denken“ forderte Landrat a.D. Klaus Pavel die Kreisräte damals auf. Ziel war es den ÖPNV effizienter zu gestalten, besser zu vertakten, die Strukturen zu vereinfachen und die Bürgerschaft durch einfachere und günstigere Tarife auf dem Weg zu einer vermehrten Nutzung mitzunehmen. Die OstalbMobil GmbH hat ihre Arbeit am 01.01.2020 aufgenommen.

Wie ist die Umsetzung angelaufen? Konnten erste Ziele bereits erreicht werden? Wo ist noch Luft nach oben?

Mit diesen Fragen machten Bennet Müller (Bündnis90/Die Grünen) und Manuel Reiger (FDP) am 11.08.2021 den Selbstversuch und fuhren von Aalen aus mit dem ÖPNV durch den östlichen Landkreis. Beide sind Mitglieder des Kreistags und der Gesellschafterversammlung der OstalbMobil GmbH. Dabei wurde insbesondere der östliche Ostalbkreis in den Blick genommen, indem die Linien als erstes reformiert werden sollen.

Erste positiven Anzeichen

„Beim Start mit dem Bus von Aalen nach Bopfingen hat sich gezeigt, dass die Fahrplanauskunft und der Ticket-Kauf über die Handy-App der Deutschen Bahn gut funktioniert“ meint Kreisrat Müller und zeigt sich insofern zufrieden, weil auch keine weitere Extra-App für den ÖPNV im Ostalbkreis notwendig ist. „Eine Fahrkarte kann aber auch vor Ort im Bus oder bei den Servicestellen der OstalbMobil gekauft werden. Das war vor wenigen Jahren noch nicht möglich und ist eine Verbesserung. Auch meine Bahncard wurde überall problemlos akzeptiert“

„In Bopfingen mussten wir uns zwar etwas beeilen, unseren Anschluss-Bus nach Neresheim zu erreichen, wir haben auf unserer Tour aber festgestellt, dass die Linien gut abgestimmt sind,“ stellt Kreisrat Reiger positiv fest. Auch für den weiteren Anschluss von Neresheim zurück nach Aalen könne man dies so festhalten.

Noch viel zu tun

1. Die Taktung

„Ich glaube wir können nach unserer kurzen Reise sagen, dass die Taktung des ÖPNV gerade während des Ferienfahrplans deutlich verbesserungsfähig ist,“ sind sich die beiden Kreisräte einig. Die Verbindung Aalen-Bopfingen sei auch wegen dem zusätzlichen Zugverkehr noch in Ordnung, weiter im ländlichen Raum werde es aber schwieriger von A nach B zu kommen. Der Bus von Bopfingen nach Neresheim fährt zum Beispiel nur alle 4 Stunden. Der Bus von Neresheim nach Aalen in etwa alle 2 Stunden. Das gleiche gelte auch für die Verbindung zum Beispiel von Bopfingen über Unterschneidheim nach Ellwangen. „Hier braucht es dringend Verbesserungen – dafür wollen wir uns einsetzen.“

2. Die Kosten

Eine Fahrt von Aalen nach Bopfingen kostet dabei 5,90 €. Die Fahrt von Bopfingen nach Neresheim 4,70 € und die weitere Einzelfahrt von Neresheim nach Aalen nochmals 4,00 €. Günstiger ist dann nur ein Tagesticket für 13,50 € – für viele zu teuer um eine echte Alternative zu sein. Bevor man über Geld sprechen kann, muss man das Angebot verbessern.

3. Die Fahrzeit

„Für mich hat sich auf unserer Tour herausgestellt, dass mit guter Planung und viel Zeit fast jeder Ort im östlichen Ostalbkreis mit dem ÖPNV erreicht werden kann. Leider gibt es zu wenige Verbindungen und die, die es gibt dauern zu lange, um dem Individualverkehr im ländlichen Raum wirklich vernünftig Konkurrenz zu machen“ resümiert Kreisrat Reiger. „Gerade die Strecke zwischen Aalen und Neresheim wollen wir uns nach dem Scheitern der Regiobuslinie nochmal genauer anschauen. Hier hat sich während unserer Tour gezeigt, dass es eine relevante Nachfrage gibt. Eine schnellere Verbindung mit gutem Takt wäre sinnvoll.“

4. Die Kundenfreundlichkeit

„Über 90 Zonen gibt es aktuell im Ostalbkreis – ein echter Flickenteppich,“ meint Bennet Müller, „in der Stadt Stuttgart gibt es mittlerweile nur noch eine Zone. Das macht den ÖPNV kundenfreundlicher und günstiger.“ Auch hier hat der Kreis bereits erste Weichen gestellt. 2022 soll es eine größere Reform geben, um dieses Netz zu vereinfachen. „Diese Reform unterstützen wird eindeutig,“ fügt Reiger hinzu, „sie macht den Kauf eines Tickets einfacher und günstiger.“ Zur Kundenfreundlichkeit gehöre auch, dass der neue Vollverbund und die Möglichkeiten, die er mitbringt bei der Bevölkerung noch bekannter werde.

5. Mobilitäts-Hubs im Ländlichen Raum

Wenn man ÖPNV wirklich neu denken möchte und substanziell etwas verbessern möchte, dann wird man Mobilitäts-Hubs schaffen müssen, an denen sich die relevanten Bus- und Bahnlinien vernetzen oder der Umstieg vom Individualverkehr auf Bus oder Bahn vereinfacht wird. In der Ostalb-Metropole Aalen gibt es hier schon gute Ansätze, in den kleineren Mittelzentren besteht aber noch deutlich Verbesserungspotenzial.

Fazit

Als Fazit könne man festhalten, so Müller und Reiger, dass die OstalbMobil GmbH noch nicht alle Erwartungen an ein neues ganzheitliches Vollverbundsnetz im Ostalbkreis erfülle, aber auch einige Fortschritte bereits gemacht worden seien. Wir werden die Reform im Kreistag und in der Gesellschafterversammlung weiter eng begleiten und unsere Vorstellungen und Vorschläge mit einbringen.

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